Wir kamen nach Heidenheim, müde und durstig. Es war der 19. Mai, und wir waren achtzehn Kilometer durch feuchtkaltes Wetter marschiert, ohne ein Gasthaus zu sehen. Die Dörfer waren still. Die Türen waren verschlossen, die Fenster mit Brettern vernagelt, die Schilder alt und verblasst. Es war, als hätte der Wind alles mit sich genommen, außer der Straße unter unseren Füßen.
Dann sahen wir die „Rose“. Ein Gasthof mit einem alten Schild, sandfarbener Kratzputz, zwei Etagen. Die Fassade in Schuss, aber unscheinbar. Wir gingen hinein.
Gertraud stand hinter der Theke. Sie war klein und geschäftig. Sie begrüßte uns freundlich, brachte kaltes, fränkisches Bier und Teller mit Essen: Bratwürste, Schweinebauch, Räucherschinken, Brot. Es war nichts für Veganer, aber genau das, was wir brauchten.
Der Postbote kam. Er war ein kleiner, kräftiger Mann, mit einer lauten Stimme und einem breiten Grinsen. Er hüpfte umher und lachte, und sah aus wie ein Wiedergänger von Achim Menzel. Gertraud lächelte, sie hatte das alles schon gesehen. Die Einheimischen, die immer hier saßen. Die Pilger und Wanderer, die kamen und gingen, während sie blieb.
„Es ist harte Arbeit“, sagte sie später, als der Postbote gegangen war. „Jeden Morgen die Kühe, jeden Tag die Gäste.“ Sie sprach ruhig, ohne Klage. Das Leben war, wie es war. Man tat, was man tun musste.
Am nächsten Morgen gingen wir weiter. Die Sonne schien, und der Weg lag vor uns. Nach einigen Kilometern sahen wir ein handgemaltes Schild an einem Baum. „Gasthaus zur Rose“, stand darauf. „Gut essen, gut trinken, gut schlafen. Gut aufgehoben sein bei Gertraud.“
Wir lächelten. Es war ein guter Ort gewesen.