Es
ist keine schlechte Idee, über Ostern ans Mittelmeer zu flüchten, wo die
Luft noch kalt, aber die Sonne schon warm ist, doch in diesem Jahr
hatte ich etwas besseres vor.
28. März 2008
13. März 2008
Uhrlaus Airbag
BND-Chef vor
BND-Untersuchungsausschuß: Erzählt viel, sagt nichts. Von den
CIA-Entführungen erfuhr die Bundesregierung angeblich aus der Zeitung.
Von Jörn Boewe, jW 14. März 2008
Die meisten Zeugen vor diesem Ausschuß wollen nicht viel verraten, aber irgendwie verraten sie dann doch etwas. Bei einem ist interessant, zu welchen Fragen er schweigt, beim anderen ein Nebensatz, der ihm versehentlich entweicht, beim dritten der Moment, wenn die Ministerialbürokraten Hecker und Hofmann von ihren Sitzen springen und mit einer »Aussagegenehmigung« fuchteln, die – ginge es in diesem Ausschuß mit rechten Dingen zu – Aussageuntersagung heißen müßte.
Bei Ernst Uhrlau ist es die Syntax. »Die Bundesrepublik Deutschland ist – insbesondere was die Öffentlichkeit angeht – für irgendwelche rechtswidrigen Aktionen kein sicherer Partner«, ist einer seiner klareren Sätze. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele hatte gefragt, ob die deutsche Bundesregierung nach dem 11. September 2001 in die CIA-Entführungen von Terrorverdächtigen involviert war. Weil Ströbele findet, daß das »keine Antwort auf meine Frage« ist, fragt er noch mal. Neue Antwort: »Das schließe ich mit meinen Kenntnissen aus.«
Eine Mauer des Schweigens ist es nicht, wohinter sich der Präsident des Bundesnachrichtendienstes verschanzt. Der ehemalige Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt bevorzugt Passivkonstruktionen, Sätze, in denen keine Subjekte vorkommen. Schwer zu sagen, wer die Verantwortung trägt, wenn »Maßnahmen getroffen worden« sind. Bemerkenswert auch Uhrlaus Vorliebe für substantivierte Verben (»Die Aussetzung der konsularischen Betreuung kann für mich Sinn gemacht haben, weil eine Fortsetzung eher ein Akt der Verunsicherung gewesen wäre.«) und groteske Wortschöpfungen: Als die Bundesregierung im Juni 2002 aus der Zeitung erfuhr, daß der deutsche Staatsbürger Mohammed Haydar Zammar in Syrien im Folterknast saß, herrschte im Kanzleramt eine »Empörungslage«.
Viel ist am Donnerstag vor dem BND-Untersuchungsausschuß von Uhrlau nicht zu erfahren, doch auf eines legt er Wert: »Ich stehe dem Ausschuß als Zeuge zur Verfügung, aber nicht als Auskunftsperson«. Es ist nicht ganz klar, was das bedeuten soll, aber man ahnt schon, was gemeint ist. Uhrlau antwortet weitschweifig, verschachtelt Nebensätze, bläst sinnlose Aussagen (»derartige Anhaltspunkte wurden nicht gezogen«) zu einem semantischen Airbag auf, hinter dem ihm keiner mehr etwas anhaben kann.
Und so vergeht die Zeit. Ein Großteil der Energie in diesem Ausschuß wird auf den Kampf um die Zeit verwendet. Die Fragezeit wird den Fraktionen je nach ihrer Größe zugeteilt – »Berliner Stunde« nennt sich das Verfahren: Wo Grüne, Linke und FDP je sieben Minuten fragen dürfen, stehen CDU und SPD je 19 zu. Der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann weiß die Zeit zu nutzen: »Kann man sagen, daß Sie sich durchaus für das Wohl des Gefangenen eingesetzt haben« – das ist so eine typische Hartmann-Frage. Es folgt ein Uhrlau-Monolog. Dann wieder Hartmann: »Sie haben die Frage zwar schon beantwortet, aber ich stelle Sie Ihnen noch mal.« Die Vernehmung des Hauptzeugen der gestrigen Ausschußsitzung, des ehemaligen Kanzleramtschefs und jetzigen Außenministers Frank-Walter Steinmeier hatte bei Redaktionsschluß noch nicht begonnen.
Von Jörn Boewe, jW 14. März 2008
Die meisten Zeugen vor diesem Ausschuß wollen nicht viel verraten, aber irgendwie verraten sie dann doch etwas. Bei einem ist interessant, zu welchen Fragen er schweigt, beim anderen ein Nebensatz, der ihm versehentlich entweicht, beim dritten der Moment, wenn die Ministerialbürokraten Hecker und Hofmann von ihren Sitzen springen und mit einer »Aussagegenehmigung« fuchteln, die – ginge es in diesem Ausschuß mit rechten Dingen zu – Aussageuntersagung heißen müßte.
Bei Ernst Uhrlau ist es die Syntax. »Die Bundesrepublik Deutschland ist – insbesondere was die Öffentlichkeit angeht – für irgendwelche rechtswidrigen Aktionen kein sicherer Partner«, ist einer seiner klareren Sätze. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele hatte gefragt, ob die deutsche Bundesregierung nach dem 11. September 2001 in die CIA-Entführungen von Terrorverdächtigen involviert war. Weil Ströbele findet, daß das »keine Antwort auf meine Frage« ist, fragt er noch mal. Neue Antwort: »Das schließe ich mit meinen Kenntnissen aus.«
Eine Mauer des Schweigens ist es nicht, wohinter sich der Präsident des Bundesnachrichtendienstes verschanzt. Der ehemalige Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt bevorzugt Passivkonstruktionen, Sätze, in denen keine Subjekte vorkommen. Schwer zu sagen, wer die Verantwortung trägt, wenn »Maßnahmen getroffen worden« sind. Bemerkenswert auch Uhrlaus Vorliebe für substantivierte Verben (»Die Aussetzung der konsularischen Betreuung kann für mich Sinn gemacht haben, weil eine Fortsetzung eher ein Akt der Verunsicherung gewesen wäre.«) und groteske Wortschöpfungen: Als die Bundesregierung im Juni 2002 aus der Zeitung erfuhr, daß der deutsche Staatsbürger Mohammed Haydar Zammar in Syrien im Folterknast saß, herrschte im Kanzleramt eine »Empörungslage«.
Viel ist am Donnerstag vor dem BND-Untersuchungsausschuß von Uhrlau nicht zu erfahren, doch auf eines legt er Wert: »Ich stehe dem Ausschuß als Zeuge zur Verfügung, aber nicht als Auskunftsperson«. Es ist nicht ganz klar, was das bedeuten soll, aber man ahnt schon, was gemeint ist. Uhrlau antwortet weitschweifig, verschachtelt Nebensätze, bläst sinnlose Aussagen (»derartige Anhaltspunkte wurden nicht gezogen«) zu einem semantischen Airbag auf, hinter dem ihm keiner mehr etwas anhaben kann.
Und so vergeht die Zeit. Ein Großteil der Energie in diesem Ausschuß wird auf den Kampf um die Zeit verwendet. Die Fragezeit wird den Fraktionen je nach ihrer Größe zugeteilt – »Berliner Stunde« nennt sich das Verfahren: Wo Grüne, Linke und FDP je sieben Minuten fragen dürfen, stehen CDU und SPD je 19 zu. Der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann weiß die Zeit zu nutzen: »Kann man sagen, daß Sie sich durchaus für das Wohl des Gefangenen eingesetzt haben« – das ist so eine typische Hartmann-Frage. Es folgt ein Uhrlau-Monolog. Dann wieder Hartmann: »Sie haben die Frage zwar schon beantwortet, aber ich stelle Sie Ihnen noch mal.« Die Vernehmung des Hauptzeugen der gestrigen Ausschußsitzung, des ehemaligen Kanzleramtschefs und jetzigen Außenministers Frank-Walter Steinmeier hatte bei Redaktionsschluß noch nicht begonnen.
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