... ist der Titel einer Reportage von Johannes Schulten und mir in der neuen Metallzeitung
(S. 10/11). Es geht um die Gründung eines Betriebsrates in einer
kleinen Zulieferfabrik der Solarbranche in der Uckermark in
Nordostbrandenburg, der Gegend mit der höchsten Arbeitslosigkeit in der
Bundesrepublik Deutschland.
Ich
freue mich, mal wieder etwas für die IG Metall zu machen. Ohne daß ich
dieser Organisation angehöre, gibt es doch eine Kontinuität, die sich
durch die letzten anderthalb Jahrzehnte zieht: Sie beginnt spätestens im
Jahr 2000, als ich auf Seminaren der IG-Metall-Jugend über
Rassismus, Neofaschismus und die obskure Rolle von Verfassungsschutzspitzeln im militanten Rechtsextremismus referierte. Einer der bewegendsten Momente war, als ich vor ziemlich genau zehn Jahren mit dem phantastischen Kameramann René Dame von Diesel&Dünger und dem großartigen Cutter Lucian Busse eine kleine, leider fragmentarisch gebliebene Filmdokumentation
über den Versuch der Metallarbeitergewerkschaft drehte, die
35-Stunden-Woche in Ostdeutschland durchzusetzen. Und Namen wie Samsung,
Opel, Francotyp Postalia, Volkswerft Stralsund, First Solar, EKO Stahl,
Repower ziehen sich durch die Zeitungsspalten, die ich in den letzten
20 Jahren vollgeschrieben habe.Na ja, und irgendwie paßt es ja auch ganz
gut, daß die Wissenschaftsstiftung der IG Metall, die Otto-Brenner-Stiftung, Schulten und mir im vergangenen Herbst ein Recherchestipendium vermacht hat.
Es
gibt aber noch eine andere Geschichte. Sie klingt vielleicht ein
bißchen weit hergeholt, aber sie ist es nicht. Die Männer in unserer
Familie haben immer Maschinen gebaut. Das geht mindestens drei
Generationen zurück. Wir waren schon IG Metall, als die noch Deutscher
Metallarbeiter-Verband hieß. Ich bin der erste seit dem Bau der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn,
der mal was anderes ausprobiert. Es hatte sicher auch damit zu tun, daß
Vater der erste war, der die Möglichkeit hatte zu studieren -
Maschinenbauingenieur, was sonst. Für Großvater und Urgroßvater war mit
dem Meister Schluß, das war damals eben so. Die Klassenschranken waren
noch robust. Aus Gußeisen, sozusagen. Heute sind sie wahrscheinlich aus
atmungsaktiver und hochelastischer Multifunktionsmikrofaser.
Wir
haben 'ne Menge gebaut in hundertfünfzig Jahren, aber viel Reichtum für
uns haben wir nicht anhäufen können. Wenn wir keinen finden, der uns
unsere Geschicklichkeit abkauft, wissen wir nicht, wie wir nächsten
Monat unsere Rechnungen bezahlen sollen. Und doch haben wir etwas
gelernt. Wir sind ins Theater gegangen, wir haben studiert, wir lesen
Bücher, und manchmal schreiben wir sogar welche. Wir haben Bewußtsein.
Da kann man sich zwar nichts für kaufen, aber man kann uns auch nicht
mehr so leicht für dumm verkaufen. Es war ein langer Weg, und wir
wissen, daß man uns nichts geschenkt hat. Auch wenn uns immer noch ab
und an irgendein hergelaufener Parteisekretär das Gegenteil weismachen
will.