La Bahía de la Habana, Blick vom Ostufer des Einfahrtskanals |
Ich kam an eine Kreuzung und war mir nicht ganz sicher, wo ich lang mußte. Aber weil gerade Buchmesse war, stand heute an dieser ruhigen Kreuzung ein Polizist neben seinem Motorrad.
"'n Abend", sagte ich. "Bin ich hier richtig nach Casablanca? Zur Fährlinie?"
Und dann passierte es. Der Polizist schüttelte mir die Hand. Guten Abend, Compañero. Ich dachte erst, er hätte mich mit jemandem verwechselt oder wollte Zeit gewinnen, weil er den Weg selbst nicht wußte. Aber nein: Dieser junge Mann war nicht verwirrt. "Ja, ja , du bist richtig. Immer geradeaus.
Die Geste war von einer rührenden, unbeholfenen, aber absolut authentischen Freundlichkeit, die - davon bin ich überzeugt - nicht nur mit karibischer Mentalität, sondern auch mit dem fortwirkenden Impuls der kubanischen Revolution zu tun hat, einer Bewegung von Intellektuellen aus eher bescheidenen Verhältnissen, Arbeitern und Bauern. Natürlich sind Kubas Polizisten Ordnungshüter wie ihre Kollegen in aller Welt, und ihre Schlagstöcke tragen sie demonstrativ offen, damit niemand auf dumme Gedanken kommt. Die Ordnung hier kennt wie jede Ordnung strikte Regeln. Aber trotz wachsender sozialer Unterschiede ist es dennoch keine Ordnung, die der Herrschaft eines reichen Besitzbürgertums dient. Natürlich sieht die Realität anders aus die Ideologie, aber die spontane, anrührende Freundlichkeit des kubanischen Polizisten hat ihre eigenen sozialen Wurzeln. Es hat etwas mit dem Klassencharakter der kubanischen Revolution zu tun.
Im Übrigen zahle ich fünf Dollar oder konvertible Pesos an jeden, der mir glaubhaft versichern kann, daß ihm so etwas schon einmal in irgendeinem Land außerhalb der Republik Kuba widerfahren ist.
zuerst veröffentlicht: jW-Online spezial: Buchmesse Havanna 2012